Inhaltsverzeichnis
- Extrem ist das neue Normal
- Vegetationsbrand - wenn es schwelt und lodert
- Wusstet Ihr schon, dass ...?
- Die FF Bischleben macht ihre Hausaufgaben
- GMV
- Ist nach dem nächsten Regen alles vergessen?
Extrem ist das neue Normal
Nun ja, keine gigantischen Feuersbrünste wie in Australien, aber dennoch - durch ausgetrocknete Böden, viel Brennmaterial, Hitze und zu wenig Niederschlag werden auch bei uns die Brände heißer, größer und schwieriger zu löschen. Die dürre Vegetation hat eine enorme Zündkraft.
+++ 22. Juli 2022. Die Thüringer Feuerwehren kämpfen an diesem Mittwoch gegen 21 Wald-, Wiesen- und Feldbrände. +++
+++ 30. Juli 2022. Seit Tagen steht der Wald in den Nationalparks Sächsische und Böhmische Schweiz in Flammen. 360 Einsatzkräfte und 8 Löschhubschrauber sind derzeit im Einsatz. Die Löscharbeiten gestalten sich aufgrund der Topografie schwierig. +++
Sabine und Maximilian sind als Einsätzkräfte vor Ort und berichten:
Die Waldbrände in der Sächsischen Schweiz, im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Tschechien, fordern der Feuerwehr viel ab. Um Schlimmeres zu verhindern, wird hier eine Riegelstellung gehalten und Wasser von der Elbe 14 km (500 Höhenmeter) den Großen Winterberg hinauf gefördert. Unzählige Pumpen und kilometerweise Schlauch sind im Einsatz, Tag und Nacht. Durch Funkenflug flammen immer wieder neue Brände hinter der Riegelstellung auf, die gelöscht werden müssen. Schwer begehbares Gelände fordert Konzentration und Kraft von jedem einzelnen. Atmen durch FFP2-Masken, körperliche Arbeit mit schweren Löschrucksäcken und hohe Temperaturen.
Vegetationsbrand - wenn es schwelt und lodert
Wasser ist das beste Mittel zum Löschen von Vegetation. Bedauerlicherweise brennt Vegetation selten direkt neben einem Löschteich oder Hydranten. Muss Wasser mühsam oder über lange Strecken zugeführt werden (Fahrzeuge, Hubschrauber, Schläuche...), ist es unbedingt sparsam und gezielt einzusetzen, sonst ist es völlig sinnlos. Abzuwägen ist, die Glut auszudrücken oder Trennstreifen anzulegen, die das Feuer vom brennbaren Material abschneiden. Die technischen Möglichkeiten reichen von ganz klassischen Geräten wie Feuerpatschen, Hacken und Schaufeln, bis hin zu Baggern, Gegenfeuer oder Schaumstreifen. Für Feuerwehrleute Knochenarbeit in dicker Einsatzkleidung, Hitze und beißender Qualm inklusive. Ein Löschrucksack wiegt übrigens 30 kg. Mir tropft allein beim Gedanken daran der Schweiß von der Stirn.
Einen brennenden Wald löschen, geht das überhaupt? Leicht kann ich mir ein NEIN als Antwort vorstellen. Oder kann lediglich die Ausbreitung kontrolliert bzw. vermindert werden?
Oberste Priorität hat die Vorhersage, wie sich das Feuer mit großer Wahrscheinlichkeit entwickeln wird. Durch Erkundung, Kommunikation und ständige Beobachtung. Hilfreich sind u. a. Sichtungen, Gespräche mit Passanten und Fachleuten, Dronen oder Wärmebildkameras. Daraus folgen taktisch kluge Entscheidungen und passgenaue Maßnahmen. Alles andere ist eine Verschwendung von Ressourcen und mit hohem Risiko für die Einsatzkräfte verbunden. Das erfordert nicht nur Wissen und Erfahrung, sondern auch Improvisation und Mut.
Wusstet Ihr schon, dass ...?
Seltenes Schaupiel: Ein Baum brennt nur innen. Aufgenommen von Maximilian S. nahe Bad Schandau im Juli 2022.
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Flurbrände auf ebenen Flächen meist der Form einer Ellipse folgen, wobei das eigentliche Feuer an deren Rändern zu finden ist. In Windrichtung liegt die Flammenfront. Diese breitet sich am schnellsten aus, die Flanken langsamer. In der Mitte bleibt der Schwarzbereich, bereits verbrannt mit noch schwelenden Anteilen, noch warm aber meist begehbar. Der Wind ist mit entscheidend für die Ausbreitung des Brandes. Böen oder Richtungswechsel sind äußerst gefährlich, können das Feuer in Siedlungen treiben oder Einsatzkräfte einkesseln.
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In Hanglagen besondere Vorsicht gilt. Das Feuer kann sich durch thermischen Auftrieb sehr schnell bergauf ausbreiten, gleichzeitig kann brennendes Material, Geröll usw. talwärts rutschen.
- bei Waldbränden unterschieden wird zwischen Erdfeuer, Bodenfeuer, Kronenfeuer/Wipfelfeuer, Vollfeuer, Stammfeuer, Flugfeuer.
- Nadelbäume brandgefährdeter sind als Laubbäume (Ausnahme Birke). Sie speichern weniger Feuchtigkeit und enthalten brandfördernde Harze und ätherische Öle.
Die FF Bischleben macht ihre Hausaufgaben
Sie rückt in Anbetracht der aktuellen Hitze- und Trockenperiode das Thema Vegetationsbrand in den Fokus ihrer Ausbildung. Eine kleine Wiese und ein Stück Wald mit Hanglage am Steinbach als Szenarium. Theorie wird vermittelt. Einsatztaktik und technische Möglichkeiten werden trainiert. Sensibilisierung für Gefahren. Testen der vom Verein beschafften Jacken für Technische Hilfeleistung. Oh nein, solche Einsätze wollen die Kameraden nicht, aber für den Ernstfall sind sie vorbereitet und werden nicht zögern alles zu tun, was nötig ist.
GMV
GMV - der gesunde Menschenverstand.
Wir wissen, was bei Hitze und Trockenheit zu tun ist. Tun wir´s bitte auch. Zufahrten zu Wald und Feldern freihalten. Fahrzeuge nicht auf Grasflächen parken. Kein offenes Feuer/Grillen in freier Natur. Beim Grillen im eigenen Garten Abstände/Untergründe beachten und Löschmittel in Reichweite vorhalten. Kippen sowieso stets in dafür vorgesehene Behälter entsorgen. Kleine Brandstellen austreten, ggf. Feuerwehr und Landwirte informieren, sich selbst nicht in Gefahr bringen...
+++ 23. Juli 2022. Eine aufmersame Nachbarin klopft an unsere Tür. Sie möchte jemandem von der Feuerwehr mitteilen, dass ein an der Gera abgestellter Roller tropft und sich darunter bereits eine Benzinlache gebildet hat. Sorge um Umwelt und Brandgefahr. +++
Vielen Dank allen achtsamen, mitdenkenden Zeitgenossen!
Ist nach dem nächsten Regen alles vergessen?
Denken wir einen Schritt weiter. Ein Funkenflug bei der Weizenernte und los geht's mit Tatütata. Das passiert einfach. Aber was kann getan werden, dass so ein Brand nicht zum Großbrand wird, der tagelang die gesamte Gegend verwüstet? Es geht um politische Entscheidungen. Erweiterte Austattung und Ausbildung der Feuerwehren sind essentiell. Und sollte in Anbetracht der Klimaveränderungen nicht viel mehr Kraft, Geld und vor allem Grips gesteckt werden in Prävention durch geeignete Landschaftsstrukturen und Landmanagement? Umdenken und Investitionen so ähnlich wie beim Hochwasserschutz? Vegetationsbrände lassen sich nicht immer verhindern, aber besser kontrollieren.
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Sind herumliegende Scherben bei Hitze und Trockenheit potentielle Brandauslöser?
Text: Martina Schultze