Hitze und Trockenheit. Deutschland wurde in diesem Jahr davon verschont, doch unsere Rekordsommer 2018/19 sind noch gut im Gedächtnis. Ganz nah in unseren Nachbarländern, klassischen Urlaubsregionen und anderen Teilen der Welt verwüsten gerade Waldbrände ganze Landstriche. Dabei fällt regelmäßig das Wort Brandstiftung.
Deshalb gege ich heute der Frage nach:
Sind herumliegende Scherben bei Hitze und Trockenheit potentielle Brandauslöser?
Denken wir kurz nach. Bei Sonnenschein müsste es ständig irgendwo brennen...
Brennglas oder Umweltsünde?
Entwarnung. Scherben in Wald und Flur zählen zur Kategorie Müll, nicht Brandschutz. Sie gehören damit nicht in den Zuständigkeitsbereich der Feuerwehr. Zerbrochenes Glas verursacht Schnittverletzungen und kaputte Reifen, keine Brände. Jedenfalls nicht unter normalen Umständen. Als Auslöser für Vegetationsbrände ist es nicht relevant. Für eine Selbstentzündung müssten schon sehr viele Zufälle zusammentreffen.
Optik ist wirklich ein spannendes Thema. Natürlich können unter gewissen Umständen Dinge des Alltags Sonnenlicht bündeln und dadurch ein Feuer entfachen. Pfiffige Pfadfinder wissen und nutzen das, mit Präzision und Geduld. Drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
- Sehr trockenes, gut brennbares Material z. B. Heu, Fichten-/ Kiefernnadeln, Laub...
- Eine konvexe Linse oder ein Hohlspiegel zur Bündelung des Sonnenlichtes
- im idealen Winkel zur Sonne,
- im optimalen Abstand zum Brennstoff, je nach Linse vielleicht 10-30 cm.
- Volle Sonneneinstrahlung, ausreichend lange und intensiv.
Dann passiert Folgendes:
Was ist denn nun mit Scherben?
Scherben von Haushaltsglas wie Flaschen und Gläser enthalten in der Regel keine konvex geschliffenen Bestandteile. Auch sind sie selten ausreichend klar, sauber und lichtdurchlässig. Zudem liegen Scherben meist auf dem Boden, es fehlt also der Abstand zum brennbaren Material. Die Gefahr durch eine zerbrochene Flasche tendiert gegen Null.
Dagegen eine Lupe oder ein konvexes Brillenglas (Korrektur von Weitsichtigkeit) - günstig im Gestrüpp hängend - kann ggf. zündeln. Wer sich für Feldexperimente im Rahmen einer Diplomarbeit interessiert, kann das hier nachlesen: Verursacht Glas Waldbrände »
Wasserflaschen
Sie gelten sogar als Geheimtipp zum Feuermachen bei Outdoor-Fans. Das haben nur wenige im Blick. Selbstentzündung durch sowohl Glas- als auch PET-Flaschen. Sind sie farblos und sauber, können mit klarer Flüssigkeit gefüllte Flaschen durch ihre konvexe Form wie ein Brennglas wirken, und zwar nicht nur in freier Natur, sondern auch im parkenden Auto zum Beispiel. Freilich müssen zum Zündeln alle anderen Bedingungen ebenso erfüllt sein.
Spiegel
Erweitern wir das Repertoire. Ein Spiegel ohne Krümmung funktioniert natürlich nicht. Wir brauchen einen Parabol- bzw. Hohlspiegel. Das kann ein Kosmetik- oder Rasierspiegel sein. Oder der blank polierte Boden einer Getränkedose. Mit etwas Übung und Geduld klappt das mit dem Feuermachen. Beim Camping durch bewusstes, menschliches Handeln. Von allein durch eine "vergessene" Colabüchse zündet da in der Regel nix. Möglich zwar, eher noch als mit Glasscherben, aber immer noch höchst unwahrscheinlich.
Für Sicherheit und eine saubere Umwelt
Vegetationsbrände sind bei entsprechender Witterung immer eine reale Gefahr. Und wenn nicht gerade ein Blitz einschlägt, sind eigentlich immer Menschen daran schuld. Lasst einfach nichts liegen, bitte. Ich wiederhole mich gern: Selbstentzündung ist unwahrscheinlich, nicht unmöglich. Achtsamkeit und Anstand sind stets gute Begleiter.
Thüringer Waldbrand-Gefahrenstufen-Karte »
Schlusswort
Ja, ich verstehe durchaus, dass man im ersten Moment daran glauben möchte, im dürren Gras funktioniere eine zerbrochene Flasche als Brennglas. Nein, ich verstehe nicht, dass diese Warnung vor Selbstentzündung so hartnäckig von ansonsten klugen Menschen aus den Bereichen Journalismus, Schule, Verwaltung, Umweltschutz und tatsächlich sogar Feuerwehr immer mal wieder gehypt wird.
Warnhinweis: Eigene Feldexperimente bitte nur in Anwesenheit von Erwachsenen und in absolut sicherer Umgebung mit ausreichend Löschmittel in der Nähe, außerdem die Gefahrenquelle nie ohne Aufsicht lassen.
Text: Martina Schultze