Bei uns in Bischleben gibt es in unregelmäßigen Abständen wunderbare, neue Sehenswürdigkeiten. Ich finde das prima. Gerade größere Baumaßnahmen laden Radfahrer und Spaziergänger zum Verweilen und Handyknipsen ein. Und wir Bischlebner wissen wenigstens, wohin wir gehen und worüber wir reden können.
Derzeit zieht es uns magisch an das Gera-Ufer. Mir blutet das Herz. Die schönen, alten Bäume, auf deren Spitzen gern die Amseln sitzen und trällern - sie fallen. Einer nach dem anderen. Als analytisch denkender Mensch habe ich natürlich ein Einsehen. Die Maßnahme dient dem Schutz der Bevölkerung. Fast verblasste Bilder aus den Hochwasser-Jahren 1994 und 2013 wimmeln vor dem inneren Auge. Andererseits finde ich Bagger in Aktion total spannend und könnte stundenlang zusehen. Der Anblick von Kahlschlag und Rückbau des Dammes, der (besonders von Hundebesitzern) hoch geschätzten und ausgiebig genutzen Bischlebener Flaniermeile, bietet eine erfrischende Abwechslung im langweiligen Corona-Lockdown. Technikbegeisterte, Kinder, Nostalgiker, Naturschützer - alle kommen voll auf ihre Kosten. Verkehrsbehinderungen, Lärm und Staub nehmen wir dafür gern in Kauf. Freut Euch, liebe Anwohner, Gäste und Durchreisende - das Aufräumen am Gera-Ufer ist erst der Anfang.
Hier wird ordentlich Kohle investiert. Beeindruckende 3,5 Millionen Euro Baukosten für den Hochwasserschutz. Der bestehende Damm wird auf einer Länge von einem Kilometer, von der Brücke im Kleinen Feld bis zum Sportplatz, durch eine Hochwasserschutzmauer ersetzt und dabei teilweise ein Stück vom Ufer weg verlegt. Etwa im Verlauf des alten Dammes, den man noch erahnen kann. Das Wasser bekommt mehr Platz. 2022 soll alles fertig sein. Dann sind die Einwohner Bischlebens bedeutend besser vor Hochwasser geschützt, versprechen die Fachleute.
Fragen von Anwohnern können in den regelmäßig am Mittwochnachmittag stattfindenden Bauberatungen im Baucontainer vor Ort vorgebracht werden. Auftraggeber ist das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz.
Auszug aus dem Erfurter Amtsblatt vom 20. Juli 2018:
"...wird festgestellt, dass das geplante Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann und somit keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus folgenden Gründen: Es handelt sich überwiegend um die Rückverlegung und Sanierung bereits bestehender Hochwasserschutzanlagen in der Ortslage Bischleben, wodurch sich an der Inanspruchnahme von Flächen keine wesentlichen Änderungen ergeben. Lediglich eine Verwallung wird auf einer dafür bereits längerfristig vorgesehenen Fläche neu hergestellt, so dass die Beeinträchtigungen des Schutzgutes Boden nicht erheblich sind. Zwar sind räumlich begrenzte Eingriffe in das Gewässer, die Böschungen und die Uferbereiche der Gera erforderlich, jedoch sind dafür Ausgleichs-, Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen vorgesehen. Es wird darauf hingewiesen, dass diese Feststellung nicht selbständig anfechtbar ist..."
Das Abreißen und Planieren wurde übrigens ein kleines Stück flussabwärts Richtung Hochheim schon erfolgreich durchgeführt. 60 Kleingärten der Erfurter Gartenanlage "Am Bachstelzenweg" mussten 2020 dem Hochwasserschutz weichen. Ich bin selbst Kleingärtner und trauere mit ihnen. Aber wenn das Wasser kommt, nimmt es sich den Platz, den es braucht. Immer und ohne Ausnahme. Tränen abwischen und nach vorne sehen. Vorbeugen ist besser als wegschwimmen.
Text: Martina Schultze